Denkmal Gustav W. H. Bickell


Das Mosaik zu Ehren des Orientalist Gustav W. H. Bickell wurde von Karl Nickmann angefertigt und 1921 im Arkadenhof der Universität Wien enthüllt. In seinem Medium bildet es eine Sonderstellung in der Gesamtheit der Denkmäler im Arkadenhof, zumal es das einzige Mosaik und das wohl farbenprächtigste Denkmal im Arkadenhof ist.
Beschreibung



Das Mosaik mit dem Bildnis Gustav Bickells ist gleich zu Beginn an der linken Wand des rechten Arkadengangs angebracht(Abb. 3). In 1,80 m Höhe befindet sich der untere Rand eines steinernen schlichten Rahmens von 7,5 cm Breite, welcher das hochformatige Mosaik umschließt. Mosaik wie auch Rahmen sind etwa einen Zentimeter in die Wand hinein vertieft. Als sichtbare Rahmentiefe ergibt sich somit ein Messwert von 3 cm.
Das Mosaik lässt sich in drei Segmente einteilen (Abb. 4). Die Basis bildet der Bereich der Inschrift, darauf fußt wie ein Bogen der Schmuckrahmen in dessen Zentrum sich das Portrait Bickells befindet. Im Zentrum des an sich 63 x 83,5 cm messenden Mosaiks ist der Kopf Bickells im Dreiviertelprofil in ein hochoblonges goldenes Rechteck eingeschrieben. Eine horizontale Reihung goldener Mosaike trennt den Porträtbereich von der durch Mosaike geformten Inschrift. Letzere gibt in goldenen Versalien Kunde über die Lebdaten sowie die Professieon Bickells: GUSTAV BICKELL (/) GEB 7. 7. 1839 (/) GEST 15. 1. 1906. (/) PROFESSOR D SEMITOLOGIE. Ein arabeskes Rankenornament mit Palmettenmotiv bildet die oberhalb der Inschrift befindliche Rahmung des Porträtkopfes. Das ausschließlich aus grünen Mosaiksteinen erbaute Rankenornament bildet im oberen Zentrum, wie auch zur Linken und Rechten Bickels‘ Kinn Kreise aus. Den oberen Kreis welcher direkt oberhalb Bickels Kopf enthält eine syrische Inschrift(Abb. 5). Die Kreise am linken und rechten Bildrand zeigen (von links nach rechts) eine Menorah und einen Kelch. Links unten hat Karl Nickmann sein Signet platziert (Abb. 6). Leichte Beschädigungen sind im unteren Bereich des Mosaiks zu sehen. Vereinzelt sind Steine teilweise oder vollständig herausgebrochen. Dies lässt sich womöglich auf die Beschädigung im Rahmen nationalsozialistischer parteitreuer Studenten während des Nationsozialistischen Regimes zurückführen. In dieser Zeit wurde das Mosaik entgegen zahlreicher anderer Denkmäler an seinem Ort belassen.[1]
Das Mosaik wird von nuancenreichen Weiß-, Grau- und Gelb-Tönen dominiert. Vereinzelt beleben moosig grüne Mosaiksteine das Bild. Weiters finden sich vereinzelt Steinvergoldungen und semitransparente Glasmosaiksteine. Der virtuos modellierte Kopf Bickels setzt sich ausschließlich aus grauen Steinen verschiedener Helligkeiten zusammen (Abb. 7). Auffallend ist, dass der Kopf Bickels ohne Hals wieder gegeben ist. Wie ausgeschnitten ist er zentral platziert und scheint förmlich vor dem Hintergrund zu schweben. Letzterer wird aus zahlreichen Mosaiksteinen unterschiedlichster Farbtonalität und Größe konstituiert. So entsteht ein flimmernder bewegter Grund, auf dem der Kopf Bickells wieder gegeben ist. Bickell lenkt mit seinem Blick den des Betrachters auf die daneben befindliche Büste Heinrich Swobodas, Professors der christlichen Archäologie und Pastoraltheologie. Ist es ein Zufall, dass der theologisch geprägte Professor für semitische Sprachen, der 1865 zum Christentum konvertierte, seinen Blick zu einem weiteren Mann des Glaubens wendet?
Notizen zur dargestellten Person
Gustav W. H. Bickell war ein deutscher Orientalist. Er galt als einer der besten Kenner der syrischen Sprache und verfasste zahlreiche Schriften über syrische Handschriften, die syrischen Kirchenväter und das Alte Testament.
Enstehungsgeschichte
Am 9. Juli 1919 gibt Heinrich Swoboda dem Rektor Alfons Dopsch gegenüber bekannt, dass sich ein Kommitee gegründet hat, welches Gustav Bickell ein Denkmal setzen will. Das Kommitee konsituiert sich aus dem Vorsitzenden Heinrich Swoboda sowie den Professoren Rudolf Geyer, Bernhard Geiger, August Haffner, Nikolaus Rhodokanakis, Prälat Stephan Csárszky, Oberbibliothekar Michael Holzmann und Bibliothekar Julius Stockinger [2] Drei Tage später erklärt der Rektor Professor Dr. Alfons Dopsch in einem Schreiben an den Dekan der philosophischen Fakultät im Namen eines Komitees die Absicht, ein Denkmal für Prof. Dr. Bickell zu errichten..[3] Am 15. Juli 1919 teilt der Dekan der philosophischen Fakultät seine Zustimmung der Errichtung von Denkmälern für Adolf Lieben und Gustav W. H. Bickell gegenüber dem Rektorat mit.[4]
Der Rektor veranlasst im Juli 1919 die Möglichkeit der Verrechnung der Gelder für das Bickell-Denkmall bei der Universitäts-Quästur.[5] Jeweils 100 Kronen werden von Dr. Karl Hackelberg-Landau (23. Dezember 1919) und Dr. Schlögl (9. März 1920) angewiesen. Der Direktor der Wiener Konzerthausgesellschaft Felix Stransky gibt 300 Kronen an. Weitere Erlagsscheine beziffern 1000 (12. Juli) und 500 Kronen (30.12.1920).[6]Der Präsident der Österreichischen Boden-Credit-Anstalt Dr. Rudolf Sieghart sagt am 3. August 1921 seine Unterstützung von 2000 Kronen zu. [7] Ob die dokumentierten Gelder von insgesamt 4000 Kronen den Preis für das Denkmal decken konnten, ist nicht belegt.
Erst am 15. Juli 1921 ersucht der Dekan der philosophischen Fakultät im Namen des Professorenkollegiums gegenüber dem Akademischen Rat um Zustimmung für die Errichtung des Denkmals. Der anhängende Antrag ist von den Professoren Junker, Geyer, Much, Reisch, Uebersberger, Paul Kretschmer, Kraelitz und Kubitschek unterzeichnet.[8]Weiterhin wird berichtet, dass das 1919 gebildete Denkmalkommitee bereits eine Geldsammlung veranstaltet hat, woraufhin die artistische Kommission wegen eines Entwurfes mit Karl Nickmann in Verhandlung steht. [9] Umgehend daraufhin gibt der akademische Senat am 16. Juli 1921 seine prinzipielle Zustimmung.[10]
Es bleibt offen, warum die Wahl auf den Künstler Karl Nickmann fiel. Es sind zudem keine Hinweise auf eine Einweihungsfeier vorgefunden worden.
Kunsthistorischer Vergleich und Analyse

Als Vorbild dürfte Nickmann eine Fotografie Bickells gedient haben, welche den Orientalisten in Gewandung eines Pfarrers zeigt. [11] Nickmann übernahm jedoch lediglich den Kopf dieser Fotografie für seine Darstellung. Ein Vergleich des Mosaiks im Arkadenhof mit einem Grabstein, den Karl Nickmann für das Grab seiner Eltern geschaffen hat zeigt, dass letzteres sehr ähnlich gestaltet ist. Nickmann verwendete hier ebenso Mosaiksteine in Grautönen, welche vereinzelt gelbe und grüne Nuancen aufweisen. Auch finden wir abermals liturgische Geräte (Kelch, Ziborium mit nimbiertem Weihekreuz) in Gold, sowie weitere Symbole des katholischen Glaubens (weiße Taube umhüllt vom Licht Gottes, Dreieck mit Auge als Verweis auf die Trinität und den allwachenden Gott, Alfa Omega, Crux immissa). Auch eine Aufteilung in einzelne Binnenfelder, hier sechs Felder, ist gegeben. Das hochrechteckige Feld links enthält geritzte Inschriften der Namen der hier Begrabenen.
In seiner Ausführung als Mosaik bildet das Denkmal Bickells eine Sonderstellung unter den Denkmälern des Arkadenhofs. Weshalb gerade für Bickell diese Technik in Frage kam, lässt sich womöglich auf seine Tätigkeit als christlicher Archäologe zurückführen und die daraus folgende rege Beschäftigung mit Ausgrabungen, Gestein und fragmentarischen Fundstücken.
Obwohl er sich des Mosaiks bediente, hat Nickmann den Gelehrten in Grautönen aus Steinen konstituiert. Diese Weise gestaltet sich in vielerlei Hinsicht interessant. Einerseits stellt es eine Angleichung an die restlichen monochromen Denkmäler dar und wirkt wie aus Stein gehauen. Andererseits gelangt Bickell im Gegensatz zu einer Marmorbüste, die sich aus dem Abtragen von Stein konstituiert und somit subtraktiven Charakters ist, zu einem Porträt das durch ein additives Verfahren und das Setzen meherer Steine nebeneinander zu einem bildlichen Ganzen gekennzeichnet ist. Vielleicht ist eine solche Gestaltung aber auch auf das Dienen einer s/w-Fotografie als Vorbild zurückzuführen.
In Zusammenarbeit mit dem Institut für Judaistik konnte die syrische Inschrift bisher folgendermaßen entziffert werden: אנש ...תא רחמין הו Eine erste Beschäftigungsphase ergab in etwa eine vage Übersetzung mit: "Er (war) ein Barmherziger". "Rechamim" ist mit "Barmherzigkeit / Gnade" zu übersetzen. Das zweite Wort gestaltet sich schwieriger. Das Institut für Judaistik bemüht sich weiterhin.
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Ereignisse seit der Aufstellung im Arkadenhof
Das Denkmal gehörte zu denjenigen, die am Samstag, den 5. November 1938, im Rahmen einer "Arisierung" durch parteitreue Studenten geschändet wurden. Dies kann als Ursache für den bis heute beschädigten Zustand gesehen werden. Im Unterschied zu anderen mit dem Judentum in Verbindung stehenden Denkmälern verblieb das Bickell-Denkmal jedoch auch während der NS-Herrschaft an seinem Platz[12]
Quellen
- UAW Senat S. 93.7
- UAW PH PA 1058
Rezeption in der Presse
Es liegen keine Erwähnungen in der Presse vor.
Literatur
- Briesenick/Hofstätter 1968: Briesenick, Brigitte/Hofstätter, Hans: Geschichte der Kunst und der künstlerischen Techniken. 6. Mosaik, Frankfurt 1968.
- Fischer 1969: Fischer, Peter: Das Mosaik. Entwicklung, Technik, Eigenart, Wien 1969.
- Grobauer 1964: Grobauer,Franz Josef: Wiener Mosaik, Wien 1964.
- Maisel 2007: Maisel, Thomas: Gelehrte in Stein und Bronze. Die Denkmäler im Arkadenhof der Universität, Wien u.a. 2007, S. 103-104.
- Mrazek 1975: Mrazek, Wilhelm: Wiener Mosaikwerkstätte Leopold Forstner, Wien 1975.
- Sellinger 1989 Sellinger, Günter: Katalog zur Sonderausstellung Leopold Forstner, Wien 1989.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Maisel 2007, S. 11-12; S. 103-104.
- ↑ UAW Senat S. 93.7, 1918/19-1
- ↑ UAW Senat S. 93.7, 009
- ↑ UAW Senat S. 93.7, 1918/19-5
- ↑ UAW Senat S. 93.7, 1918/19-7
- ↑ Alle UAW Senat S. 93.7, 1918/19, die Unterschrift der letzteren Erlagsscheine konnten nicht entziffert/zugeordnet werden.
- ↑ UAW Senat S. 93.7, 1920/21-4
- ↑ UAW Senat S. 93.7, 1920/21-1
- ↑ UAW Senat S. 93.7, 1920/21-2
- ↑ UAW Senat S. 93.7, 1920/21-3
- ↑ Eine schwarz/weiß Fotografie Bickells fand sich im Internet auf der Homepage des Landesgeschichtlichen Informationssystems Hessens: http://www.lagis-hessen.de/pnd/116161965.
- ↑ Maisel 2007, S. 11 f.
Maximilian Westphal, Katharina Schmidt